Eine Elite, die keine ist

Eine verspätete Besprechung des Buches „Gestatten Elite“ von Julia Friedrichs aus dem Jahr 2008 oder mein Ärger über verschenkte Potentiale von jungen Menschen, die  sich zu mehr berufen fühlen sollten als dem „Geld“ zu huldigen.

Einfach Ökonomisieren

„Gestatten Elite“ von Julia Friedrichs ist ein Buch, über eine neue Generation von Führungskräften, die an unseren Schulen und Universitäten heranwächst. Die Autorin taucht in das pseudo-elitäre Milieu ein, findet dort jedoch lediglich erodierende traditionelle Wertmaßstäbe. Es herrscht ein hohler, fast unreflektierter Geist einer vermeintlich notwendigen Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Wichtig ist das eigene Fortkommen ausgedrückt in Status und Einkommen.

Simpel hilft nicht

Ich habe da eine Frage: was soll denn Ökonomisierung überhaupt bedeuten? Ich möchte das am Beispiel Gesundheitsreform durchdeklinieren:

  • Mehr Unternehmergeist im Gesundheitssektor? Ja, warum denn nicht.
  • Verstärkte Anreize für effizientes Wirtschaften in Krankenhäuser? Na ja, vielleicht macht das Sinn.
  • Festgelegte Minutensätze pro Patient? Oh, eher nicht - nach welchen Kriterien sollte das beurteilt werden?
  • Überflüssige Operationen durchführen, um das Krankenhausdefizit verringern? Nein, nein, so nun auch nicht. So weit wollten wir den Unternehmergeist dann doch nicht aus der Flasche lassen.

Selbstverständlich plädiere auch ich für einen gesunden Effizienzgedanken. Aber die aktuellen Regelungen in vielen Sektoren sind nicht durchdacht, zu simpel oder reizen uns gar zu ethischem und wirtschaftlichem Fehlverhalten an.

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Kompliziert ist es

Weite Teile unseres gesellschaftlichen Lebens sind schon ökonomisiert. Somit darf ich als interessierter Bürger nicht mehr nur danach fragen, wie Wirtschaft richtig gelenkt und geleitet werden soll. Ich muss vielmehr eine Vorstellung davon entwickeln, was ich im entsprechenden Sektor für wünschenswert erachte. Wie viele Orchester braucht es eigentlich? Wenn die Bahn von der Politik privatisiert wurde, wieso rege ich mich dann über streikende Lokführer auf, statt die Regeln der Privatisierung zu hinterfragen? Wie viel Gesundheit ist denn wünschenswert? Das sind Fragen, die spannende Diskussionen versprechen. Wenn wir diese Fragen diskutieren, stoßen wir schnell auf Orientierungsgrößen, die uns abseits jeder ökonomischen Überlegung Halt geben.

Eindimensionale ökonomische Anreize führen bei komplexen Fragen nicht zum Ziel. Nur weil Wertmaßstäbe nicht auf ein Excelsheet passen, sollten wir sie nicht außen vorlassen.

Innerer Kompass

Diese Wertmaßstäbe sind es, die Elite ausmachen sollten. Dieser innere Kompass ist es, der uns zum Nachdenken über gute Lösungen bringt. Genau diese Wertmaßstäbe sind es aber, die laut Julia Friedrichs der neuen Elite fehlen. Sie fragt sich, warum die eigenen Eltern, als sie vom Gebaren der neuen Elite erzählte, sich nicht empörten. Die Eltern hatten doch selber Anfang der Achtziger Jahre Werte wie Gleichheit und Gerechtigkeit vermittelt. Julia Friedrichs vermutet, dass das Zeitgeist gewesen sei. Heute, wo die Angst vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg bereits weite Teil der Mittelschicht erfasst habe, hätten sich die Wertmaßstäbe verschoben. Daher bleibe die Empörung der Eltern aus.

Meine Empörung

Dafür empöre ich mich! Wenn ich am Küchentisch sitze, die Zeitung aufschlage, dauert es vielleicht 10 Minuten bis der Ärger hochsteigt. Ob es die fehlende Bankenregulierung oder die verpatzte Energiewende ist, ob es die zum Teil menschenunwürdige Altenpflege ist oder ob das Baureferat wie in den 60er Jahren Parkgaragen in Innenstadtlage plant oder ob im Supermarkt Kassiererinnen auf veralteten Drehstühlen buckelig werden. Ich darf mich empören.

Denn mir fehlt die Elite in unserem Land, die ab und an mal eine richtige, gute, bahnbrechende Entscheidung trifft. Wann habt Ihr das letzte Mal sagen können - gut gemacht Frau Merkel, alle Achtung Herr Samwar, super XY-Einflussreich?

Eure Empörung

Echtes Leben kommt nicht von alleine. Wenn nicht wir, wer soll dann auf Missstände hinweisen, wer soll dann einen guten Weg aufzeigen?

Empört Euch! Zeigt uns Euren Weg von Emotionen, zu Handlungen, zu Veränderungen, zu einer gemeinsamen Bewegung von echtem Leben.

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Einmischen statt Rummaulen!

Vom Mut den eigenen Weg zu gehen